Elena Becker MA

Der Bruch des Logos oder: die statuierte Aussage

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Nach dem Bruch der „Ampel“-Koalition besteht die Regierung O. Scholz (SPD) bis auf weiteres als Zwei-Parteien- Bündnis (SPD-Grüne) fort.

Die Absicht Scholz, die CDU (F. Merz) in die („Minderheits“-)Regierung „einzuladen“ erfüllte sich nicht.

CDU-Chef F. Merz, der von der CDU als -nächster- Kanzlerkandidat nominiert werden soll, lehnte den Vorschlag „kategorisch“ ab.

Die Parteien einigten sich stattdessen auf Neuwahlen zu Beginn (Februar) des nächsten Jahres (2025), denen die -formal- gestellte „Vertrauensfrage“ vorangehen soll.

An der (sog.) „Schuldenbremse“ will auch die „CDU“ festhalten, die gleichzeitig eine Koalition mit der „FDP“ ausschließt.

In den USA beginnt der „designierte“ Präsident D. Trump mit der Kabinettsbildung, in der u.a. ein Mitglied des „Kennedy“-Clans den Posten des „Gesundheitsministers“ erhalten soll.

Präsident Joe Biden nahm das -traditionelle- Treffen mit dem Nachfolger zum Anlaß, eine „reibungslose“ Machtübergabe zuzusichern.

Das Statement, mit dem der Wahlsieger D. Trump das protokollarisch vorgesehene Treffen mit seinem Vorgänger Biden kommentierte, könnte ebenso im Verlauf einer alltäglichen Konversation geäußert werden (worden sein):“... (aber) dieser Tag ist ein schöner (sic) Tag“, lautete der (propositionale) Nachsatz.

Dieser folgte gemäß „syllogistischem“ Schema auf den -einschränkenden- Vorsatz:“Nicht alle Tage [in der Politik] sind schöne Tage.“ Sein („Dialog“-)Partner, der amtierende US- Präsident J. Biden ließ die Aussage, soweit bekannt, „stehen“.

Damit u.a. trug Biden der „Irreversibilität“(J.-F. Lyotard)1 des -demokratischen- Wahlverfahrens Rechnung, in dem auch in der „Rede“ eine „Umkehrmöglichkeit“(ebd.) hinfällig geworden ist.

In solcher Einseitigkeit der („Aussage“-)Position, die eine (quasi) monologische „Privilegierung“(ebd. S. 73) des einen (Aussage-)Subjekts vornimmt, kehrt in der Redefigur ein -alttestamentliches- „Dispositiv“(Lyotard) zurück, das -umgekehrt- die „Erwählung“ des Volkes (Israel) zum Inhalt hat.

Die -schematische- Irreversibilität und Asymmetrie, die in der alttestamentlichen „Mitteilung“ die Bestimmung des Angesprochenen zum Ausdruck bringt, liegt auch vorrangig in dieser -intentionalen- „Bestimmungsfunktion“(ebd. S. 73), in der, wie J.-F. Lyotard in „Intensitäten“ formulierte, eine gewisse „Nachlässigkeit im Hinblick auf das, was [im Wortlaut] gesagt wurde“(ebd.) impliziert ist.

Hier erscheinen die „Wege“ des alttestamentlichen Gottes, der einen -denotativen- „Dialog“ mit seinem erwählten Adressaten eröffnet, ebenso schwierig und verschlungen wie die des Philosophen Levinas, wie Jacques Derrida in „Die Schrift und die Differenz“ bekundet.

Entgegen einer u.a. Heideggerschen „Ontologie“(Derrida, S. 150) besteht Levinas schließlich darauf, daß, Derrida:

“(D)ieses `Sagen zum Anderen´- diese Beziehung zum Fremden als redende Person, diese Beziehung zu einem Seienden- jeder Ontologie voraus(geht)“.(J. Derrida. Die Schrift und die Differenz. S. 150)

Jacques Derrida betrachtet in dieser -dialogischen- Ontologie einen -Derrida- :“Bruch des Logos“(ebd.), der durch den un-begreiflichen „Anderen“(ebd.) eintritt, auf den hin sich der „Logos“ (gr. Begriff, Rede) des sprechenden Subjekts hin, Derrida:“überbordet“(ebd.).

In den Worten J. Derridas kann, Derrida:

kein Logos als absolutes Wissen den Dialog und den Weg zum Anderen begreifen, wenn der Andere der Andere ist und wenn alle Sprache für den Anderen ist. Diese Unbegreifbarkeit, dieser Bruch des Logos ist“, versichert Derrida,

„keineswegs der Anfang des Irrationalismus, sondern Verletzung(sic) oder Eingebung, die die Sprache eröffnet und folglich jeden Logos und jeden Rationalismus ermöglicht.“(Derrida, ebd. S. 150)

Das ontologische „Spiel“(ebd.) des Seins, das sich im Dia-Logos auf den Anderen beziehen soll, hat so das ir-rationale „Satyrspiel“(H. Marcuse)2 anscheinend hinter sich gelassen, in dem Levinas die (Heideggers) Ontologie (Seinslehre) als „Totalitarismus“ bekämpft und in Derridas Reden: in die „Kulissen“(ebd.) verwiesen hatte.

In dieses Dilemma war der „Existentialismus“(Marcuse, S. 44ff) geraten, als dieser eine, Marcuse:“Ent-Innerlichung“(ebd.S. 52) des Cartesianischen „Logos“ oder der -reinen- „Selbstreflexion“, allerdings nicht wie Levinas in Richtung auf eine „ethische“(Derrida, S. 151), sondern eine „politische Beziehung“(Marcuse, S. 52) einleitete.

Unter der Direktive einer, Marcuse („Kultur und Gesellschaft“):“totale(n) Aktivierung und Politisierung“(ebd. S. 49), in der dieser „Existentialismus“ die Grundkategorie der „Entschlossenheit“(ebd. S. 51) und der -Praxis- der „Freiheit“(ebd. S. 53) in eine politische um-deklarierte, bedient sich der -politische- Existentialismus Carl Schmitts seinerseits eines alttestamentlichen Paradigmas, wenn er von einem -geschichtlichen- „Sendungsauftrag“(ebd. S. 48) -des Volkes- spricht und proklamiert.

Hinter allen privaten, öffentlichen und wissenschaftlichen Sphären steht so die politische Beziehung, die nun in einem „Salto mortale“(ebd. S. 44) als wesens- und „seinsmäßige [ontologische]“(ebd. S. 49) ausgegeben und in den -Dienst- der neuen „Gesellschaftsordnung“(ebd.) gestellt wird.

Im un-hinterfragbaren Zeichen dieser (totalen) Politisierung und solchen „Funktionswandel(s)“(ebd. S. 46) steht die -präzedente- Entscheidung des „existenziellen Theoretikers“(ebd. S. 45), dem allein die Entscheidung darüber obliegt, welcher „Sachverhalt“(ebd. S. 43) es verdient, als „existentieller“(ebd.) benannt oder endlich: im „Staat“ statuiert zu werden.

„Ist aber einmal“, setzt H. Marcuse in „Kultur und Gesellschaft“ hinzu,

“ein Sachverhalt von ihm als existentieller in Anspruch genommen, so haben alle, die nicht an seiner Realität `teilhaben und teilnehmen´ [C. Schmitt] zu schweigen. Es sind“, erläutert Marcuse weiter,

“vorwiegend die politischen Sachverhalte und Beziehungen, die hier als existentielle sanktioniert(sic) werden; und innerhalb der politischen Dimension ist es wieder das [Freund-]Feind-Verhältnis, der Krieg, der als die schlechthin existentielle Beziehung gilt.“(H. Marcuse. Kultur und Gesellschaft I. S. 45)

Die saltatorischen Kapriolen des aus der Heideggerschen Ontologie und Jargon der „Schicksalsverbundenheit (des Volkes)“(Marcuse, S. 45) gegorenen -politischen- Existentialismus kaprizieren sich auf die Formel „Volk und Volkszugehörigkeit“(ebd.), die als neue -Vorrichtung- allem -regionalisierten- Wissen und „Wofür (der Entscheidung)“(ebd. S. 47) vorausgesetzt wird.

Wenn aus der Warte einer ebenso politisch tingierten „existentiellen Anthropologie“(ebd. S. 47) propagiert wird, daß es nur, Marcuse:“(W)esentlich ist..., daß eine Richtung eingeschlagen wird, daß Partei genommen wird“(ebd.), so wird auch diese (Vor-)Entschiedenheit von einem „rein Sachlichen“(ebd.) auf, wie Carl Schmitt lancierte:“existentiell verwurzelte(r) Fragerichtungen“(ebd.) transponiert, in die Schmitt die -“Geschichtlichkeit“(ebd. S. 48)- des sendungsbewußten „Volkes“(ebd.) drapierte.

Dabei springt v.a. ins Auge, daß der -politische- Existentialismus C. Schmitts jedwedes „Vertrauen“(Th.W.Adorno)3 in die, wie Th.W. Adorno in „Negative Dialektik“ im Hinblick auf die „Prärogative des Staates“(Adorno, S. 331) moniert hatte, „Dialektik(!) als der Kraft zur Heilung(sic) ihrer selbst“(ebd.) zugunsten der ursprünglich -Hegelschen- „Vermittlungskategorie“(ebd.) des „Volks(geistes)“(Hegel; ebd.) eingebüßt hatte. <ü> Fraglos konnte der politische Existentialismus so auch das theoretische Inventar der Hegelschen Phänomenologie abschöpfen, die in die geschichtliche Dialektik die un-dialektische Gestalt des absoluten „Staates“(Adorno, ebd.) integrierte, in dem, worin Hegel den griechischen wie preussischen Staat huldigte, „die Freiheit zu ihrem höchsten Recht“(Hegel; ebd.) gelangte und so -Adorno- „den Beherrschten gegeben und unmittelbar erscheint.“(ebd.)

Diese „Prärogative“ gipfelt in dem -Hegelschen- Satz: „Alles, was der Mensch ist, verdankt er dem Staat“(ebd.) und konnte sich ein politischer Existentialismus getrost aufs Tapet schreiben oder -irgend- paraphrasieren.

Dabei haftet allerdings, wie Adorno durchblicken läßt, die Hegelsche Dialektik noch an der -aristotelischen- Vorstellung des „unbewegten“ Bewegers oder -absoluten- „Zweckes“(ebd.), die er auf die -Institution- des „Staates“ übertrug, Adorno:

“Zu dieser These veranlaßt ihn [Hegel], daß jene `Unbewegtheit´, die er dem allgemeinen Zweck zuschreibt, zwar von der einmal verhärteten Institution [des Staates], unmöglich aber von der wesentlich dynamischen Gesellschaft sich prädizieren ließe.“(Adorno, ebd.)

Lediglich in bezug auf ein -noch ausgeprägteres- Mißtrauen gegenüber der ungeregelten „freien“ Dynamik der singulären Subjekte, wie sie der -unter diesem Blickwinkel- „schlechte liberalistische Freiheitsbegriff“(Marcuse, S. 52) vorgab, und die deswegen nur, Marcuse:“in einer bestimmt gestalteten Polis in einer `vernunftgemäß´ [politisch] organisierten Gesellschaft möglich“(ebd. S. 52) seien, übertrifft der -politische- Existentialismus die -Hegelsche- Phänomenologie.

Man könnte noch weiter gehen:

Sowohl Hegels Phänomenologie als auch der politische, antiliberale Existentialismus transferieren den grundsätzlichen (Cartesianischen) Zweifel an den -äußeren- Sinnesdaten (lat. sensa) auf die gesellschaftspolitischen Dimensionen und „exzedieren“ das -Modell- der Cartesianischen, sich -selbstreflexiv- „herstellenden Identität“(Adorno, ebd.) auf die Ebene von Staat und Volk.

Von dieser in der Ontologie des idealen oder materialen Seins fundierten, erkenntnistheoretischen Fragestellung blieb auch die -sprachliche- Logik nicht verschont und innerviert.

Bertrand Russell schickte seinem Buch „Probleme der Philosophie“ eine ausführliche Würdigung des -methodischen- Zweifels Descartes´ voran. Dieser entschloß(!) sich, schreibt Russell,

“ nichts zu glauben, dessen Wahrheit er nicht klar und deutlich einsähe...“4.

Descartes unterzog sich jedoch keiner, wie Augustinus religiös, moralisch o.ä. motivierten Gewissensprüfung, sondern ging „methodisch“(hypothetisch) vor.

„Er stellte sich“, erklärt Russell,

„einen lügenhaften Dämon vor, der seinen Sinnen in einem endlosen Gaukelspiel unwirkliche Dinge vorführte: es war vielleicht sehr unwahrscheinlich, daß es einen solchen Dämon gab, aber es war [hypothetisch] möglich, und daher durfte man an den durch die Sinne wahrgenommenen [einzelnen] Dingen zweifeln.“(B. Russell. Probleme der Philosophie. S.19)

Daraus zog Réné Descartes den -einzig- unbezweifelbaren, „ontologischen“ (existentiellen) Rückschluß auf seine eigene Existenz:“Ich denke, darum (also) bin ich.“(ebd.).

Der Einwand, den der Logiker Russell gegen diese -absolute- Gewißheit erhebt, beruft sich darauf, daß -weder- die eigene Existenz noch deren Wahrnehmungen wie z.B ein „gesehenes“ Objekt oder mit E. Husserl:“Ideatum“ zeitlich (temporär) unveränderlich und insofern nicht -absolut- wahr sind.

Allerdings macht Russell die -aussagenlogische- Beschreibung (Paraphrase):“(...) wird in diesem Moment gesehen“(ebd. S. 19) von der Annahme eines -Russell:-“dauernden öffentlichen Gegenstands“(ebd.S.21) abhängig, der einem „instinktiven“(ebd. S. 24) -natürlichen- Verstand, „Überzeugung“(ebd. S. 25) wie in der Wahrnehmung „Sehen der Sonne“(ebd. S. 46) bekannt (ebd.) oder anders: „vertraut“ ist.

Russell scheint sich somit auf die -sprachtheoretischen- Prinzipien der (sog.) „Alltagssprache“(L.Wittgenstein)5 zu stützen., die L. Wittgensteins Residualbedingung und Grundsatz „(o)rdinary language is all right“(ebd.) objektiv zu genügen und dabei in einem der Aussage adäquaten, allbekannten Sachverhalt „verifiziert“ erschienen.

Sogar die -Existenz- von (sog.) „Universalien“(ebd. S. 47) wie „Schwärze“(sic;ebd.), „Verschiedenheit“(ebd.) und „Brüderlichkeit“(ebd.), die Russell auflistet, begründet Russell auf einer -mehr oder weniger- „Bekanntschaft“(Russell), während er aber gleichzeitig darauf beharrt, daß „mathematische Sätze“(ebd. S. 75) auf eine andere Weise „erklärt“(ebd.) werden müßten als der -allgemein- behauptete Satz:“alle Menschen sind sterblich“(ebd.) -es könnte auch „Ausnahmen“ geben!

Der Logiker W.v.O. Quine („Von einem logischen Standpunkt“) gibt sich mit derlei „intuitiven“ Prinzipien nicht zufrieden noch länger ab, die er, mitsamt dem -mittelalterlichen- „Universalienproblem“ ausrangiert, dem in der -modernen- Mathematik noch die sezessionistischen „Meinungsverschiedenheiten“(Quine, ebd. S. 21) unter der Bezeichnung „Logizismus“, „Inuitionismus“ und „Formalismus“(ebd.) zugehörten.

Die für einen mittelalterlichen (scholastischen) Syllogismus prägnanten „Wahrheitssätze“ wie etwa, Quine:“einige Hunde sind weiß“(ebd. S. 20) setzten nicht die -Prämisse- einer allgemeinen „Weiße“(ebd.) voraus und bezeugten nur die auf die „semantische Ebene“(ebd. S. 22) prolongierten „Präjudizierungen“(ebd. S. 23), die auf die „Übernahme“(ebd.) einer „Ontologie“(ebd.) zurückzuführen seien und somit Altlasten.

„Wer oder was auch immer (Neapel) sieht“, kontert Quine im Hinblick auf den sprachphilosophischen Standpunkt,

„hat den einen oder anderen Namen; und wenn wir diesen Namen den Worten `sieht Neapel´ voranstellen, erhalten wir einen wahren Satz; trotzdem ist nichts Sprachliches daran, daß jemand Neapel sieht.“(v.O. Quine. Ebd. S. 23)

Das Satzbeispiel erscheint belanglos, in dem ein -beliebiger- Name anstelle eines Subjekts in einen Aussagesatz eingefügt wird und diesen vervollständigt.

In nicht-sprachlichen „Zusammenhängen“, die Gilles Deleuze in „Rhizom“ schildert, lassen sich anhand (sog.) „Kommandobäume“(sic)6 -hierarchisch strukturierte- Beziehungen aufweisen, die mittels (sog.) „Übertragungskanäle“(ebd.) hergestellt werden und G. Deleuze mit den semantischen Termini „Signifikanz“(ebd.) und „Subjektivierung“(ebd.) paraphrasiert.

In dieser hierarchisch geprägten „Baumform“(ebd.) sind, Deleuze:

“(D)ie Übertragungskanäle ... von vorneherein festgelegt: die Baumform geht dem Individuum voraus, das an einer genau bestimmten Stelle in sie eingefügt wird.“(G. Deleuze. Rhizom. S.27)

Im Gegensatz zu -hierarchischen- Strukturen wie u.a. dem „Freundschafts-Theorem“(ebd.) kommt -J. Habermas („Erkenntnis und Interesse“)- im „Zusammenhang kommunikativen Handelns“7 , der sowohl „Sprache“(ebd.) als auch „Handeln“(ebd.) umfassen soll, nach Jürgen Habermas der „Grammatik“(sic; ebd.) der das Konvolut der -alltägliche Gebrauchsweisen, Floskeln etc. enthaltenden- „Umgangssprache“(!ebd.) erneut ein, Habermas:“transzendentaler(!) Stellenwert“(ebd.) zu.

Eine um Korrektheit bemühte -hermeneutische- „Interpretation“(ebd.S.238), die nach einem -grammatisch(!)- erzielten „Konsensus unter Gegenspielern“(ebd. S. 239) sich an „Regeln“(ebd.) hält, tut dies allerdings nur, wenn eine sonst „verläßliche“(ebd.) -kommunikative- Erfahrung (ebd.), Habermas: (eigentlich) „gestört“(ebd.) ist. E.B.