Elena Becker MA

Die (neue) Konstitution oder: Struktur-Logik

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Bundeskanzler O. Scholz stellte beim deutschen Bundespräsidenten W. Steinmeier den -formalen- Antrag zur parlamentarischen „Vertrauensfrage“.

Damit ist der Weg für die zu Beginn nächsten Jahres vorgesehenen Neuwahlen frei.

Der -französische- Staatspräsident E. Macron steht nach dem Ende der Regierung Barnier erneut mit den Parteien der französischen „Mitte“ in Verhandlung.

Nach einer Einigung auf eine -politische- „Methode“ soll die neue Regierung an die Bedingung geknüpft werden, kein neues „Mißtrauensvotum“ zu stellen.

Die französischen „Linken“ und „Grüne“ kündigten dies jedoch bereits an. In Syrien ist eine gemäßigte(?) „Hisbollah“-Regierung unter einem Interimschef M. al-Baschir an die Stelle des Regimes Baschar al Assad getreten.

Baschir erklärte u.a., die alte Staatsverfassung auf ihre „Übereinstimmung“ mit den -universalen- Menschenrechten zu überprüfen und rief im Exil lebende Syrer zur Rückkehr auf.

Auf die seitens des designierten US-Präsidenten D.Trump angedrohten(!) Zoll- erhöhung, droht(!) die canadische Regierung im Gegenzug, der USA den Strom abzustellen(!).

Auch bei der -Konstitution- der neuen französischen Regierung hält der weiterhin im Amt befindliche Staatspräsident Macron an seiner -obersten- Idee fest: einer aus der politischen „Mitte“ gebildeten Regierung, die jedoch -nicht mit der durch ein „Mißtrauensvotum“ der rechtsgerichteten Le-Pen- Partei zu Fall gebrachten identisch sein soll.

Im -Hegelschen- Prinzip einer phänomenalen „Erzeugung“(E. Bloch), zu der die funktionalisierte Synthesis verhilft, restituiert sich jedoch, nach Th.W.Adornos („Negative Dialektik“) kritischer Einsicht, erneut der „Identitätszwang“(Adorno, S. 159), dem Hegel in der „Triplizität“(ebd.) der dialektischen Methode zu entgehen glaubte, also in der Absicht, den „statisch“ gewordenen -aristotelischen- Begriff der „energeia“(gr.) zu re-dynamisieren.

Th.W.Adorno schreibt in „Negative Dialektik“ dazu:“Die Statik der Begriffe soll, damit diese sich Genüge tun, ihre Dynamik aus sich entlassen,... Daher heißt die Methode phänomenologisch, ein passives Verhältnis zum Erscheinenden. ... Dialektik bedeutet objektiv“, erläutert Adorno, „den Identitätszwang durch die in ihm aufgespeicherte, in seinen Vergegenständlichungen geronnene Energie zu brechen.“(Th.W.Adorno. Negative Dialektik. S.196)

Die Durchsetzung (ebd.) dieses -methodischen- Ziels, systemtheoretisch gewendet: die Umstellung auf (sog.) „Fluktuationen“, findet Adorno in Hegels Dialektik aber nur „partiell“(ebd.) verwirklicht, in deren Resultat die „transzendentale“ Methode I. Kants und vordem: das „dynamische“ Kausalitätsprinzip G.W.Leibniz´ dem -Adorno- „subjektiven Denkzwang“(Adorno, S. 245) unterliegen.

Auch G.W.F. Hegels Dialektik steht noch -mitten- im seit dem 17. Jahrhundert aufkommenden Diskurs, der, wie Michel Serres in „Anfänge“ diese -geistige- Umbruchsphase beschreibt, „zwischen den Parteigängern des Ganzen und denen der Zerlegung in [elementare] Teile“ für Kontroversen sorgte, als es eigentlich, Serres:“um das Bindeglied zwischen Mathematik und Mechanik“(ebd.) m.a.W. die Suche nach einer -methodischen- Synthese beider Prinzipien geht.

Auf dem „Weg“(ebd.) der „Fluktuation“(ebd. S.8) oder -Serres- „Fluxion“(ebd.) erst, so rekapituliert Serres die von I. Newton und G.W.Leibniz (u.a.) ausgelöste Theoriediskussion,

„bewegt sich die Vorstellung, die sich der Klassizismus vom [mathematischen] Integrationskalkül und der [kausal-mechanischen] Dynamik macht.“( M. Serres. Anfänge. S. 9)

Noch die wissenschaftlichen Exponenten der (sog.) Synergetik, I. Prigogine und I. Stengers, „durchpflügen“, erläutert Serres die bis in das 20. Jahrhundert fortdauernde und revitalisierte Frage,

„den Weg durch das Frequentativ [der] Fluktuation, das auf dieser Strecke Diskontinuität, Unsicherheit, Veränderung einführt, ohne die Flüssigkeit zu beeinträchtigen, die der Terminus `Fluxion´ mitbeinhaltet. Die Straße zum Universalen“ aber, das im transzendentalphilosophischen (Subjekt-)Denken I. Kants mit der -Idee- der vernünftig gewordenen Menschheit und ihrer Verfassung fusioniert ist, ist, Serres

:“oft unterbrochen; Zufälle, Unentschiedenheiten, Ungleichzeitigkeiten und singuläre Gegebenheiten zerhacken sie. Durch die `Fluxion´“(ebd.), das Synonym für das Leibniz´sche mathematische „Differential“(ebd.), Serres weiter:“war das Universum überall Nachbar des Teils;“(ebd.) durch die Fluktuation indessen, „füllt sich die Welt mit verschiedenartigen Nachbarschaften“(ebd.S9), Zitat Serres.

In dieser Epoche begann, gemäß Serres´ Zusammenfassung, die -Serres- „Jagd“(ebd.S.14) nach einer subjektzentrierten, in Hegels Phänomenologie „staats“-politisch verorteten „festen Vorstellung“(ebd.), in der sich auch der anti-ideologische, kritische „Positivismus“ als dogmatischer Wissenschaftsglaube instaurierte.

Der -Serres- „Exodus“(ebd.) aus dem (alten) theologischen oder metaphysischen Denken, den der wissenschaftliche Positivismus einschlägt und wie diesen die „Existenz“(ebd.) selbst -synergetisch- „fern“ des „Gleichgewichts“(ebd.S.15) und eines mittleren Zustands ansiedelt, kennt in dieser synergetischen Ex-zentrizität keine „Reflexion“(Hegel) oder (Hegelsche)„Rückkehr-in-sich“.

Das ist nicht, berichtigt Serres, „das Exíl, wie Monod gesagt hat, das ist die Existenz selbst; nein“, präzisiert Serres,

„die Methode ist nicht mehr eben und gerade wie ein banaler Weg, sie ist ein Exodus;...“.(Serres, S. 14)

Damit, d.h. im, Serres:“Abstand vom Gleichgewicht“(ebd.S.15) setzt im physikalisch-kosmologischen Explikationsmodell der „Synergetik die Konstruktion, nicht Re-Konstruktion des Universums und seiner strukturalen (politischen etc.) Un-“Ordnung“(ebd.) ein.

„Und so konstruiert sich“, „glossiert“ Serres nach eigenen Worten,

“als Abstand vom König(sic), die Freiheit in der Entfernung von der Staatsraison, die Ordnung diktiert, die, wie wir es von ihr gewohnt sind, zurückgeblieben ist, zurückgeblieben wenigstens hinter einer Welt und einer [positiven] Wissenschaft: ... Genauso hat das Glück den Wettbewerb, die Konkurrenz, -diese anderen Formen des Gleichgewichts- verlassen. Entfernung, Ablösung. Ich glossiere.“(M. Serres. Ebd. S.15)

Anders als Serres, der dem -methodischen- Weg des Positivismus und insbesondere der -theormodynamischen- Synergetik Einbahnigkeit bescheinigt, stellt sich diese u.a. für Max Horkheimer in „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“ vielmehr zirkulär oder („kybernetisch“:) in sich zurück gekoppelt dar.

Die -“leitenden“- „logischen Prinzipien“(ebd.), deren sich der Positivismus bedient, ohne sie als solche zu rechtfertigen, entstammen dem Wortlaut eines Zitats von John Dewey zufolge, denjenigen

„Bedingungen, von denen sich im Verlauf stetiger Forschung ergeben hat, daß sie deren erfolgreiche Durchführung involvieren“(Horkheimer, S. 80). Diese -Prinzipien- seien demnach zwar nicht logisch gerechtfertigt oder auf -erkenntnistheoretische- Funktionen des „logischen Apparats“(ebd.) zurückzuführen und darin -“transzendental“(Kant)- verankert, sondern, wie es im Dewey´schen Zitat heißt:“aus der Prüfung vorher gebrauchter Methoden abgeleitet.“(J. Dewey zit. n. M. Horkheimer. Zur Kritik der instrumentellen Vernunft S. 81)

Die unverhohlen positivistische Methodologie und -W.v.O.Quines- „Logik“, insofern sie sich bisweilen in ihrer eigenen Darstellung („Von einem logischen Standpunkt“) auf die (D. Hume´schen) Prinzipien (Quine:“Doktrin“) der -sinnlichen- Erfahrung und ihrer „Terme“(ebd.) beruft, kann aber diese basale Fundierung auch nach einer -semantischen- „Neuorientierung“(ebd. S. 44) auf sprachlogische „Aussagen“(ebd.) oder -Carnaps- „Reihe von Konstruktionen“(ebd.) nicht vollends für obsolet erklären.

Auch I. Kants rationalistischer Grundsatz, den Kant im (sog.) „Tribunal der Vernunft“ an oberster Stelle priorisierte, wird in Quines aussagenlogischer Umdeutung lediglich auf eine -kollektive (ebd. S.45), quasi allgemeine- Erfahrung(!) transferiert.

„Mein Gegenvorschlag“, exponiert Quine zu Carnaps Theorie,

„der wesentlich aus Carnaps Doktrin von der physikalischen Welt im Aufbau hervorgeht, besteht darin, daß unsere Aussagen über die Außenwelt nicht als einzelne Individuen, sondern als ein Kollektiv vor das Tribunal(sic) der sinnlichen Erfahrung(sic) treten.“(W.v.O.Quine. Von einem logischen Standpunkt. S. 45)

Werden -müssen- in diesem letztendlich empirisch verifizierten „Kraftfeld“(Quine,S. 47) die „Wahrheitswerte“(ebd.) modifiziert (werden), werden „Anpassungen“(ebd.) vorgenommen, die, worin sich Quines logisches „System“ von der Synergetik und ihren -thermodynamischen- Gesetzen abhebt, durch, Quine:“Erwägungen des Gleichgewichts für das Gesamtfeld“(ebd.) entstehen, also -dem Zweck- des wiederhergestellten Gleichgewichts und der Restabilisierung dienen.

Sogar das synthetische „Dritte“, das in einer rein analytischen Logik „ausgeschlossen“(ebd.) wird, kehrt mit Rücksicht auf die Gesetze der modernen „Quantenphysik“(ebd.) in das System ein.

Dabei nimmt jedoch das Konvolut der Aussagen im Verhältnis zum Spektrum der zunehmend externalisierten, dem, Quine: „System zuwiderlaufenden“(ebd. S. 47) („Extrem“-)Erfahrungen zu, worin v.O. Quine u.a. der positivistischen „Diskurstheorie“ Tribut zollt:

„(Doch) das gesamte Feld ist so sehr durch seine Randbedingungen, durch die Erfahrung unterdeterminiert, daß wir eine breite Auswahl haben, welche Aussagen wir angesichts einer beliebigen individuellen, dm System zuwiderlaufenden Erfahrung neu bewerten wollen. Keinerlei bestimmte Erfahrungen sind mit irgendwelchen bestimmten Aussagen im Inneren des Feldes auf andere Weise verbunden als indirekt durch Erwägungen des Gleichgewichts für das Gesamtheld.“(v.O.Quine. Ebd. S. 47) Das hinsichtlich spezifischer, universaler u.ä. Werte voraussetzungslose -aussagenlogisch relationierte- Verfahren unterscheidet sich signifikant von einem platonischen, an den dualen Wert wahr-falsch gekoppelten Auswahlmodus, der sich im Feld eines „platonische(n) Differential(s)“(M. Foucault/G. Deleuze) an einem -unveränderlichen- „Urbild“(ebd. S. 23) orientiert.

Quines und Foucaults etc. Aussagenlogik gelangt so aber an ein Prinzip, das der Platonismus dem „Seinsgott“ attribuierte und Platon dem -praktischen- Handeln des menschlichen Subjekts absprach, weil nur die „göttliche Natur“(Horkheimer, S.58) über das -viele- Seiende disponierte: es trennte und vereinte. Dies belegt M. Horkheimer anhand einer Passage aus Platons „Timaios“:

“Wollte aber jemand dies durch praktische Versuche erproben, so hätte er den Unterschied der menschlichen und göttlichen Natur verkannt: denn Gott besitzt die Einsicht und Macht, das Viele in Eins zu verbinden und das Eine wieder in Vieles aufzulösen, der Mensch aber vermag keines von beiden.“(Platon. Timaios zit. n. M. Horkheimer. Ebd. S. 58)

Die -göttliche- Konstitutionsmacht wurde nicht erst im Zeichen des Positivismus und des Pragmatismus dem System der aussagenlogischen Relation und die denkenden, politisch(!) „souverän“ handelnden „Subjekte“ überantwortet, die anstatt „historischer“ Subjekte (Hegel) in -politischen- (Super-)Organisationen „hypostasiert“(Marcuse) und darin anstelle eines -universalen- „Allgemein-[Klassen-]Begriff(s)“(H. Marcuse) oder einer (energetischen) „Substanz“(gr. energeia, ousia) „synthetisiert“ sind.

„... und zwar in dem Sinne“, kommentiert H. Marcuse in „Der eindimensionale Mensch“, „daß die integrierende Synthese, welche die besonderen Prozesse und Akte ermöglicht, diesen vorhergeht, sie strukturiert.“(H. Marcuse. Der eindimensionale Mensch. S. 220)

Der namentlich -positivistische, linguistische- „Strukturalismus“(G. Deleuzes) verneint wiederum eine solche Totalisierung in Form einer -hierarchischen- „Superstruktur“(-organisation), die sich in der politischen Realität konkretisiert und als „Staats“-system durch einen un-verwechselbaren Namen bezeichnet sein soll.

So habe nach Gilles Deleuzes Auffassung in „Woran erkennt man den Strukturalismus?“ K. Marx(!) gezeigt, daß, Deleuze:“das Gesellschaftssystem durch eine Koexistenz von Elementen und ökonomischen Verhältnissen definiert wird, ohne daß man sie nacheinander nach der Illusion einer falschen(sic) Dialektik erzeugen(sic) könne.“(G. Deleuze. Woran erkennt man den Strukturalismus?. S. 28)

Was besteht demnach, fragt Deleuze, in dieser -sich -determinierenden „ökonomischen“ Struktur „nebeneinander“(ebd.)?

Die -Deleuzes- Beschreibung könnte auch dem Logiker v.O. Quine gefallen:

“Alle Elemente, Verhältnisse, alle Besonderheiten, die dem betrachteten Bereich eigen sind. Eine solche [un-organisierte] Koexistenz impliziert keinerlei Konfusion, keinerlei Unbestimmtheit: es sind differentielle Verhältniswerte und Elemente, die in einem vollständigen Ganzen nebeneinander bestehen.“(G. Deleuze. Woran? S. 28)

Aber man sollte nicht glauben, daß es sich dabei um eine im voraus existierende, „fest“ konstituierte Strukturtotalität handelt,

Deleuze:

“im übrigen aktualisiert sich dieses Ganze nicht als solches. Was sich jetzt und hier aktualisiert, sind diese bestimmten Verhältnisse, Verhältniswerte, diese bestimmte Verteilung von Besonderheiten;... Es gibt keine totale Sprache, die alle möglichen Phoneme und phonematischen Verhältnisse [Artikulationen; Lautverschiebungen etc.] verkörpert... Es gibt keine totale Gesellschaft, sondern jede Gesellschaftsform verkörpert gewisse Elemente, Produktionsverhältnisse und -werte (zum Beispiel den „Kapitalismus“, Deleuze)“.(Deleuze, Woran? S. 28f.)

Wie das dialektisch -als Resultat eines dialektischen Prozesses erzeugte- System Hegels ist die „Struktur“ in ihrer Genese nicht von ihrer intern strukturierenden, formatorischen „Differentsierung“(sic;ebd.) zu trennen, in der sich nach G. Deleuzes Worten das „universell bestimmte, phonematische [lautliche] Verhältnis konstituiert“.(Deleuze, ebd. S. 29)

Ersetzt die interne Differenzierung und das „phonematische“ Verhältnis endgültig das rationalistische „Verstandeskalkül“(Bloch, S. 196) und die -Hegels- zwischen Subjekt und Objekt synthetisch hergestellte „Adäquatheit“(ebd. S. 107)?

Wie die aussagenlogischen Modelle (Quines; Foucaults u.a.) oder -neue- kalkulatorische Theorien wie die -J.Neumanns- (sog.) „Spieltheorie“, die u.a. die (Kollektiv-)Bezeichnung „New foudation(s)“(Quine, S. 96) trägt, ist die Strukturlogik auf den Nachweis der inneren „Konsistenz“(ebd. S. 97), wenn nicht der -“prinzipiell“ empirisch (erfahrungsbasierten)- „vollständigen Induktion“(ebd.) angewiesen.

„Es ist daher wichtig“, stellt W. Quine in einer „tautologischen“ Schlußfolgerung fest, „Konsistenzbeweise zu suchen -wenn wir auch anerkennen müssen, daß jeder Konsistenzbeweis in dem Sinn relativ<(i> ist, daß wir in ihn kein größeres Vertrauen(!) setzen können als in die Konsistenz des logischen Systems, in dem der Konsistenzbeweis geführt wird.“(W.v.O. Quine. Von einem logischen Standpunkt. S.97) E.B.