Elena Becker MA

Spiral-Bewegung oder: die Torsion des Realen

>>

Die -kurze- Zeit bis zu D. Trumps Amtsantritt als US- Präsident scheint sich Trump mit offenen Spekulationen über (neue) Landesgrenzen zu „vertreiben“.

Dabei liegen Canada(!), Grönland(!) sowie der „Panama“-Kanal im Blickpunkt seines Interesses. Bundeskanzler O. Scholz u.a. „warnte“ Trump daraufhin davor, die -territoriale- Souveränität (Grönlands) zu mißachten.

Indessen lehnte das US- Gericht im (sog.) „Schweigegeld“-Prozeß Trumps Antrag ab, die Urteilsverkündung auszusetzen.

Trump ging allerdings (juristisch) „straffrei“ aus.

Der Geschichte will der französische Präsident Macron das -finale- Urteil über den (fast) zeitgleich mit dem ehemaligen US- Präsidenten J. Carter (100!) verstorbenen Rechtspopulisten Le Pen überlassen.

Nach dem von Protesten begleiteten Wahlsieg der -“rechtskonservativen“- FPÖ nahm die Partei Koalitionsgespräche mit der -konservativen- „ÖVP“ auf.

Der deutsche CDU- Kanzlerkandidat stellte die (hypothetische) Möglichkeit „disruptiver“ Entscheidungen der Regierung Trumps in den Raum.

Wie ein „Epitheton“ zu den -terroristisch motivierten- Ereignissen um die Jahreswende klingt die M. Merleau-Pontys Feststellung, in der Merleau-Ponty vom „kurzen Weg des unmittelbaren Gefühls“ spricht.

Der „abkürzende“ Weg, den das unmittelbare Gefühl nach Worten Merleau-Pontys wählt, richtet sich auf die -Grenzen- der äußeren Wirklichkeit, (Zitat): „um dort (wie Hegel sagte), `die Wirklichkeit der [realutopischen] Idee“(ebd) -konkret- werden zu lassen.

Für G.W.F.Hegel, dem Merleau-Pontys Zitat in „Humanismus und Terror“ entstammt, war in dessen „System (der Sittlichkeit)“ die realutopische Idee in der -Geschichte- der antiken „Polis“ Griechenlands verortet, die Hegel damit zum überhistorischen Ideal und primordialen Standort des „Geistes“ bestimmte.

Die -Hegels- hypermoralische Position, die ihn dazu veranlaßte, nach Ansicht Merleau-Pontys -revolutionäre- „Gewalttaten“(sic; ebd. S. 50) und -Merleau-Ponty- die „Diktatur“(ebd.) zur „geschichtlichen Forderung“(ebd.) zu erheben, lief -nicht erst seit E. Husserls „Transzendentalphilosophie“- auf das „Vorrecht des Geometers“(J. Derrida) zusammen und „hinaus“.

Um diesen dialektisch gewundenen, verdrehten Gedankengang -anders als über die („revolutionäre“) Tat- „verständlich“ zu machen, bedient sich Jacques Derrida („Die Schrift und die Differenz“) zur Erklärung der -geometrischen- Figur einer „Spiralbewegung“(Derrida, S. 36) oder „Torsion“(J. Baudrillard), die einen -S. Kierkegaard entlehnten- „letzten Sprung“(ebd.), der mit „Gott“(ebd.) vereinigte, in eine kontinuierliche, räumliche Bewegung nach oben transformierte.

Die Spiralbewegung korrigierte und instaurierte erneut die einfache „lineare“ Vorstellung der mittelalterlichen Theologie (ebd. S. 37), die diese auf die „transzendentale“ Idee des „Schönen“(ebd.) konzipierte und auf jedwede un-ästhetische (häßliche, monströse etc.) Form, die als „formosus“(ebd.), irgendwie einer „symmetrischen“ Ordnung zugehörig befunden wurde, ausdehnte.

Wenn der -theologische- „Geometer“, ohne den Entwicklungsgang der „Perfektibilität“, einer (strukturalen) „Teleologie“ oder -Hegels- geschichtlicher Dialektik einzuschalten, sich wie etwa im „Grenzfall“(ebd.) des („dynamischen“etc.) „Erhabenen“(ebd.) unmittelbar („linear“) mit dem Ideal verbinden will, kann er dies auch nach Derridas Auffassung nur über einen -Derrida- „Gewaltakt vollbringen“(ebd.).

Das Paradigma (Schema) der Spiralbewegung (Torsion) dagegen -soll- nach Derridas Interpretation einer „Ökonomie“(ebd. S. 36) der (sich) formierenden „Kraft“(ebd.) implementiert werden, das sich dem -Derrida- „System (metaphysischer) Oppositionen“(ebd.) und ihrer -Derrida- „einfachen Alternative“(ebd.) entzöge.

Diese neue Ökonomie, die Derrida skizziert, wäre aber so darin zu beschreiben, daß sie das -alte-Modell der metaphysichen Oppositionen im Hegelschen Doppelsinn: in sich „aufhebt“ und in seinen bestehenden Grenzen de-finiert, Derrida:

“Unser Diskurs gehört dem System der metaphysischen Opposition in irreduzibler Weise an“(ebd. S.36), so lautet Derridas Statement, um es einer „disruptiven“ Prämisse zu unterwerfen (Derrida:)

„Man kann den Bruch mit dieser Zugehörigkeit nur mit Hilfe einer gewissen Organisation, einer gewissen strategischen Einrichtung ankündigen, die im Inneren des Feldes und der ihm eigenen Mächte eine Kraft der Verortung hervorbringt, indem man ihre eigenen Strategeme gegen sie selbst wendet; diese [expansive Kraft] verteilt sich dann in alle Richtungen über das ganze System und entgrenzt es vollständig.“(J. Derrida. Die Schrift und die Differenz. S. 36)

Derart wird in der hyperrealen (geometrischen) „Ökonomie“ der Spiralbewegung aber nur die Linearität der „gewaltsamen“ Ökonomie „integriert“ und im System vorweggenommen (antizipiert).

Der (sog.) dichotomische Strukturantagonismus, in den eine theoretische oder „dezisionale“ Entscheidung eingefügt wird, wird -ohne- dialektischen Progreß oder Synthese in einen „höheren“ Status versetzt, der nichtsdestoweniger dynamisch, also nach aristotelischer Definition : äußerlich (Struktur) bleibt.

In dieser Perspektive ist der -J. Dewey („Die Suche nach Gewißheit“)- „Unterschied“ verwischt zwischen letztendlich „Hypothesen“(ebd. S. 81), die an die Stelle „(empirischer) Darstellungen von Tatsachen“(Dewey, ebd.) treten, indem sie -rein- „phantastische Spekulationen“(ebd. S. 81) enthalten und -nicht- darüber hinausgehen sowie solchen „Hypothesen“(ebd.), die -Dewey:-

„auf einer beobachtbaren Bewegung von Ereignissen beruhen und voraussehen, daß diese Ereignisse kraft ihrer eigenen Bewegung auf einen Fluchtpunkt zulaufen“.(J. Dewey. Die Suche nach Gewißheit.S.81)

Das „Tatsachenfundament“(ebd.), von dem der Pragmatismus J. Deweys in keiner Weise abläßt, proliferiert das „naturwissenschaftliche Modell der Beschreibungen“(ebd.), zu dem die „Hypothese“ gehört und eingeordnet ist.

John Dewey:

“Das Tatsachenfundament, das für die besondere Untersuchung und Beschreibung der hier zu entwickelnden Hypothese gewählt wird, ist das Verfahren der gegenwärtigen wissenschaflichen Forschung, auf dem Gebiet, das am vollständigsten intellektueller Kontrolle unterworfen ist -nämlich dem der Naturwissenschaften.“(J. Dewey. Ebd. S. 81) Deweys -ausführliche- Begründung zielt nicht auf ein transzendentales (metaphysisches, moralisches, utopisches) „höheres Reich“(ebd. S. 80), das Dewey nur mit dem Bestreben einer „idealistischen“ (Transzendental-)Philosophie in Einklang sieht, sondern auf das -“Gebiet“(ebd.S.81)- der „technischen“(sic) Philosophie (sic; ebd.)

. Dewey:„Der Stand der Forschung... ist eine beobachtbare Tatsache“, erläutert Dewey,

„keine Spekulation(!) und keine Sache der Meinung(!) und Auseinandersetzung. Die Auswahl gerade dieses Tatsachenbereichs statt irgendeines anderen als dasjenige Feld, von dem aus eine Hypothese auf eine mögliche zukünftige Erfahrung hin projiziert werden soll, in der die Erfahrung selbst die Werte, Bedeutungen und Maßstäbe bereitstellen wird, die (jetzt) in einer transzendenten Welt gesucht werden, hat eine theoretische wie eine praktische Rechtfertigung. Vom Standpunkt der technischen Philosophie“, fügt Dewey hinzu, „aus ist die Natur der Erkenntnis immer Grundlage und Ausgangspunkt für Philosophen gewesen, die das Erkennen vom Tun und Machen getrennt haben, deren wir uns auf dem Weg des Gefühls und des praktischen Handelns bemächtigen.“(J. Dewey. Ebd. S. 81)

Der -Weg- des „Gefühls“ also, so könnte man in einem ebenso „kurzschlüssigen“ Fazit formulieren, nicht die „technische“ Philosophie ist für Dewey letztendlich das „Ziel“, in dem sich, wie Dewey zum Thema „Reaktionsfähigkeit“(ebd. S. 224) sagen wird, die „Struktur von Organismen“(ebd.) -wesentlich- von der unbelebten Natur und ihren „Reaktionen“(ebd.) getrennt hat.

Ein Naturding wie z.B. ein „Stein“(ebd.), der mit anderen Dingen in Wechselwirkung steht, genießt, wie Dewey schreibt, den zweifelhaften „Vorzug, daß es keinen(!) Unterschied macht, wie er reagiert, selbst wenn die Wirkung seine eigene Pulverisierung(sic) ist.“(Dewey, ebd.)

Hingegen stehen die Reaktionsweisen und insbesondere „Emotionen“(ebd. S. 225) von -geistigen- Lebewesen im „Interesse“(ebd. S. 224) und Kontext eines -kontinuierlichen- „Lebensprozesses“(ebd.) und denjenigen „Akten“(ebd.), die diesen „aufrechterhalten“(ebd.).

Dem emotionalen Reaktionsverhalten eignet aber auch eine gewissen „spekulative“ Qualität, auch wenn Dewey sie nicht als solche bezeichnet, insofern Dewey sie unter dem Aspekt einer „Reaktion auf das Ungewisse“(ebd. S. 225) erfaßt:

„Emotionen sind durch die Unbestimmtheit der gegenwärtigen Situationen im Hinblick auf ihren Ausgang bedingt“(ebd.), hält Dewey dazu fest,

„Furcht und Hoffnung“, so Dewey weiter, „“Freude und Sorge, Abneigung und Sehnsucht als Störungen(sic) sind Qualitäten einer zwiefältigen Reaktion. Sie setzen Interesse an dem und Beunruhigung über das voraus, wozu sich die gegenwärtige Situation entwickeln(!) kann.“(Dewey, ebd. S. 225)

Die un-gewisse Prospektive auf eine Sorge bereitende „Entwicklung“, auf die ein Lebewesen im Gegensatz zu einem Naturding erst mit einer unmittelbaren „Emotion“ reagiert, wird bei Dewey u.a. näher auf einen „Verlauf“(ebd.) bezogen, dessen „Ausgang in der Schwebe“(ebd.) ist oder war.

In diesem Blickwinkel betrachtete M. Merleau-Ponty den -dialektischen- Entwicklungsgang der „Geschichte“(Merleau-Ponty, S.10), wenn er mehr oder weniger grundsätzlich dazu bemerkt:

„Denn auch wir haben einen jener Momente erlebt, wo der Schwebezustand der Geschichte, ..., und wo das Risiko vollkommen ist, weil die Endbedeutung der getroffenen Entscheidungen von Umständen abhängt, die nicht völlig erkennbar sind.“(M. Merleau-Ponty. Ebd. S. 10)

Dem -Tribunal- einer „schwankenden“ Weltgeschichte wird in Merleau-Pontys „Humanismus und Terror“ das Urteil über die -Formen- der „politischen Abweichung“(ebd.) und der „Opposition“(ebd.) anheim gestellt, denen etwa ein „drohende(r) Krieg(!)..., einen anderen Charakter (gibt)“.(ebd.)

Anders dagegen ergeht Th.W.Adornos („Negative Dialektik“) auf die „Reaktionsform“ der im Schlußverfahren oder vermittels Hegels Geschichtsdialektik (wieder-)hergestellten „Identität“(ebd.) und Nicht-Identität gemünzte Kritik an einer „Letztinstanz“ der Weltgeschichte und ihrem Urteil, Adorno:

„Daß die Geschichte über Postitionen hinwegschritt, ehren nur die als Urteil über ihren Wahrheitsgehalt, denen Geschichte das Weltgericht heißt. Vielfach gibt das Abgetane“, dessen Inhalt Adorno offen läßt, „aber theoretisch nicht Absorbierte später einen Wahrheitsgehalt erst frei. Er wird zur Schwäre der herrschenden Gesundheit; das lenkt in veränderten Situationen abermals darauf.“(Th.W.Adorno. Negative Dialektik. S. 147)

Die -“differenzierten“ Positionen- der in Hegels Weltgeschichte als „historisch“ betitelten und designierten Subjekte sind in der Strukturgegebenheit der Realität, in der sie verzeitlicht wie verräumlicht sind, weder unveränderlich noch „a priori“ mehr durch das eindeutig zu spezifizieren, was I. Kant den wahren oder „intelligiblen Charakter“ genannt hat.

„Wollte man es wagen“, wendet Adorno ein, „dem Kantischen X des intelligiblen Charakters seinen wahren Inhalt zu verleihen, der sich gegen die totale Unbestimmtheit des (aporetischen) Begriffs behauptet, wäre er wohl das geschichtlich fortgeschrittendste, punktuell aufleuchtende, rasch verlöschende Bewußtsein, dem der Impuls innewohnt, das Richtige zu tun; Er ist die konkrete, intermittierende Vorwegnahme der Möglichkeit...“( Th.W.Adorno.ebd. S. 292)

. Der verleitende Impuls, das „Richtige“ gegen das „Interesse“(ebd.S.293) der -Adorno- „befangene(n) Selbsterhaltung“(ebd.) zu verfolgen, ist ebenso wenig mehr durch eine -Hegelsche- „Totalität“ der Geschichte oder die „logische“ Schlußfigur der „Afffirmation“(Hegel/A. Kojève) gedeckt, die Hegel in seiner „Enzyklopädie“(§82) als das „Spekulative“(Kojève, ebd.) oder das „Positiv-Vernünftige“(ebd.) bezeichnete und statuierte.

In seiner historischen, sozialen, psychologischen etc. Bedingtheit (Konstitution) ist der Charakter ein Reflex dessen, was nach einem Wort von Karl Kraus „die Welt aus uns gemacht (hat)“(Adorno, S. 292), ein spätes Produkt der -ganzen- „technischen“ Kulturgeschichte genauso wie der „symptomatisch“ in der Gesellschaft auftretenden „Neurosen“(ebd.).

„Neurosen“, die Adorno weder als Störelemente noch als „Faktoren“ einer -progressiven- Dialektik integrieren will, dafür aber als „Stützen(!) der Gesellschaft“(ebd.) tituliert,

„vereiteln bessere Möglichkeiten der Menschen und damit das objektiv Bessere, das die Menschen herbeiführen könnten. Die Instinkte, die über den falschen Zustand hinausdrängen, stauen sie tendenziell auf den Narzißmus zurück, der im falschen Zustand sich befriedigt.“( Th.W.Adornos. Negative Dialektik .S.293)

Gilles Deleuze und Felix Guattari, die in „Rhizom“ die Psychoanalyse mit einer ökonomisch-gesellschaftlichen Theorie, die aber keine Dialektik mehr darstellen will, in einen Ansatz zu bringen versuchten, kehren Adornos Perspektive ins Gegenteil und punkten das Verhältnis zwischen dem „Schizophrenen“ und der Gesellschaft um:

“Wir [Deleuze und Guattari] sagen nicht, daß der Revolutionär Schizo (sic) ist. Wir sagen, daß es einen Schizo-Prozeß (der Decodierung und Deterritorialisierung) gibt, und nur die revolutionäre Aktivität verhindert(!) es, daß er in Produktion von Schizophrenie umschlägt.“(G. Deleuze/F. Guattari. Rhizom. S. 63)

Hierin terminiert die „Diskussion“(Merleau-Ponty, S. 13), die Merleau-Ponty zwischen den -politischen- Positionen des „Liberalismus“ und des -revolutionären- „Kommunismus“(ebd.) eröffnen will, der -im Gegensatz zum Liberalismus- die „revolutionäre Hypothese“(ebd.) nicht ausschlösse und realisierte.

In „Rhizom“ setzt G. Deleuze auch dem -dichotomischen- Modell des „Dualismus“ und seiner -dialektischen (synthetischen)- „Einheit“ die -Bewegungsform- der „Fluchtlinien“ oder der „Deterritorialisierung“(Deleuze, S. 17) und der gegenläufigen „Reterritorialisierungsprozesse“(ebd.) entgegen.

Allerdings ist im Modell des „Rhizoms“ der Unterschied zwischen dem -von außen- angetragenen Prinzip der „Kartographie“(Deleuze, S. 20) und einer -“offenen“- „Karte“(ebd. S. 21) nicht ganz auszumachen.

In Jean Baudrillards „Agonie des Realen“ liegen die Verhältnisse anders: die „Karte“ repräsentiert nicht mehr das -kartografische- „Territorium“(ebd.).

Sie gehört zum Modell des (sog.) „Hyperrealen“(ebd.) und seiner „spiralförmigen“ Torsion der Realität (des Raumes, der Relationen u.a.). Dieses dient, Baudrillard:

“zur Generierung eines Realen ohne Ursprung oder Realität,... Das Territorium ist der Karte nicht mehr vorgelagert,.. Von nun an ist es umgekehrt: die Karte ist dem Territorium vorgelagert, ja sie bringt es hervor.“( J. Baudrillard. Agonie des Realen. S. 7f) E.B.