Elena Becker MA

Der Status der Farbe oder: politisches Spektakel

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Die Landtagswahlen in “Thüringen“ trug der „Afd“ mit 36% den größten Stimmenanteil ein, während es die SPD nur auf 14% brachte.

Um eine Afd-Regierung zu vermeiden, schlug die dortige „Linke“ ein Bündnis der drei „roten“ Parteifraktionen („Linke“, SPD, BSW) vor, die damit auf den gleichen Prozentsatz (36%) kämen.

Der französische Staatspräsident E. Macron beauftragte den neuen Regierungschef(sic) M. Barnier mit der Bildung einer -allgemeinen (partei-übergreifenden)- Regierungsunion.

Die „USA“ wirft Rußland im Vorfeld der anstehenden US-Wahlen vor, diese durch Verbreitung von pro-russischer Propaganda („Narrativen“) zu beeinflussen versucht zu haben.

Der russische Präsident Putin bekundete indessen, die demokratische Präsidentschaftskandidatin K. Harris zu unterstützen.

Der republikanische Gegen-Kandidat D. Trump stellte in den Raum, über einen „absolut“ sicher funktionierenden Plan zu verfügen, den russisch-ukrainischen Konflikt beizulegen.

Ohne ihren -symbolisch- vermittelten Status sind (sog.) politische Farben, ihre Spektren und Kombinationen nur als -John Dewey („Die Suche nach Gewißheit“)- „gesehene (bloße) Sinnesqualität“1 oder -Produkt- einer „direkten sensorischen Erregung“(ebd.) bedeutsam.

„Sie ist“, teilt der Pragmatist John Dewey in diesem Kontext lapidar mit, „einfach nur eine weitere Farbe, auf die das Auge gestoßen ist.“( J.Dewey. Die Suche nach Gewißheit. S. 116)

Der -“kognitive“- Status einer solchen, singulären, sensorischen (Farb-)Qualität ist nicht, wie Dewey in einem -anschaulichen- Bild vor Augen stellen will, durch eine -Kombination- mit anderen „gleichwertigen“ Sinnesqualitäten, beispielsweise Farben, zu erhöhen.

„Die Annahme“, bemerkt Dewey hierzu,

„man könnte ihr einen kognitiven Wert verschaffen oder ihre kognitive Bedeutung erhöhen, indem man sie mit anderen Sinnesqualitäten von derselben Art wie sie selbst verknüpft, gleicht der Annahme, man könnte sich der Reizung des Auges durch ein einzelnes Sandkorn dadurch entledigen, daß man einen ganzen Sandhaufen(sic) hineinfüllt.“(J. Dewey. Ebd.)

Damit scheint der Pragmatist Dewey die Grundeinsicht von -idealistischen- Kognitivisten und insbesondere einer -transzendentalen- Subjektphilosophie zu teilen, die zur -Bildung- einer geistigen Erkenntnis entweder ein -konstituierendes- Subjekt oder eine -präformative- Strukturwirklichkeit voraussetzt.

Aber auch einer solchen subjektivistischen oder im idealistischen Sinn: „realistische“ Positionierung hält Dewey genauso metaphorisch entgegen:

„Auf der anderen Seite gleicht die Vermutung, wir müßten an eine synthetische Aktivität eines unabhängigen Denkens appellieren, um der Qualität im oder für das Erkennen Bedeutung zu geben, der Vermutung, wir könnten durch das Denken in unserem Kopf einen Haufen Ziegel in ein Gebäude verwandeln. Denken, das im Kopf stattfindet“, so Dewey weiter,

„kann dazu beitragen, den Plan eines Gebäudes zu entwerfen. Aber es bedarf wirklicher Operationen, zu denen der Plan, als Ergebnis des Denkens, als Anleitung dient, um aus den ...Steinen ein Haus zu bauen oder eine isolierte Sinnesqualität in einen bedeutsamen Hinweis auf die Erkenntnis der Natur zu verwandeln.“(J. Dewey. Ebd.)

Darin liegt, wie Dewey selbst hervorhebt, ein Eingeständnis an die (sog.) „rationalistische Schule“(ebd.), die nach Deweys Worten darauf beharrte, daß isolierte Sinnesqualitäten im Denken durch - „a priorische“ (transzendentale etc.)- Ideen miteinander „synthetisiert“ werden, die im Modell des Pragmatisten jedoch zumal durch „Operationen“(ebd.) zu ersetzen seien.

Kognitive Erkenntnisse erhalten so den -resultativen- Status von „gemeisterten Schwierigkeiten“(Dewey, S. 226), die dem „Geist“(ebd. S. 227) anstelle eines „Mysteriums (der Macht)“(ebd.), das von „außerhalb“ in die Naturverhältnisse „eingreift“(ebd.), den Rang eines „kontinuierlichen Antwortverhaltens“(ebd.) zusichert.

Dieses ist für Dewey aber keinesfalls mit dem bloß suggerierten „Gefühl der Sicherheit“(ebd.) verknüpft und gewährleistet.

Unter diesem Aspekt eines, wie Dewey selbst zum Ausdruck bringt: „Antwortverhaltens“, lassen sich die Termini des -Dewey´schen- Pramatismus einer -literarischen (diskursiven, narrativen)- Erzählstruktur2 wie z.B. von Marivaux (Derrida, ebd.) quasi übersetzen.

Innerhalb dieser -Marivaux´schen- Erzählstruktur findet eine immanentistische, zweipolige („dialogische“) Organisation Platz, die an einen in das Eidetische (Sehen) verpflanzten „hermeneutischen Zirkel“ und sein -Heideggers- Paradigma: die „Fabel“ von „Hase und Igel“ erinnert.

Die in einer -“dialogischen“- Szene auf den „Zuschauer“(Derrida, S. 38) und den „Erzähler“ oder Autor verteilte Organisation führt, wie es Jacques Derrida in „Die Schrift und die Differenz“ formuliert, ein „doppeltes Register“(ebd. S. 39).

In diesem Register verschlingen sich die beiden Perspektiven zu einer -literarischen, „narrativen“- „Strukturtatsache“(ebd.), die so aber nicht mehr vorgeben kann, am „finalen“ Ende einer („teleologischen“, „präformierten“) Erzähldynamik und einem -endlich- erzielten „Frieden“(ebd. S. 38) zu stehen.

Dieser in den Stücken Corneilles (ebd.) an den dramaturgischen End- und Höhepunkt transponierte „Friede“ rückt in eine „De-facto-Struktur“(ebd.) ein, die in einem perspektivisch durch die un-einholbare Differenz von Erzähler und Zuschauer polarisierten, „geometrischen“(ebd.) System fixiert und erstarrt bleibt, das -wie das „Platonische“ System- bestenfalls die „utopische“ Perspektive eines „ewigen Friedens“(I. Kant!) bietet.

In einem, wie es Alexandre Kojève („Hegel“) originär genannt hat: „geometrischen System“(Platons) ist keine, wie auch immer teleologisch gerichteten Dynamik oder -geschichtliche- Veränderung möglich und vorgesehen, außer wenn diese so durch ein -außerzeitliches- „Agens“3 oder theologisch: durch „Gott“ vorherbestimmt war.

In der präfiniten -kosmologische oder geometrischen- Strukturordnung ist somit auch das elementar „Tragische“(ebd. S. 102) zu sehen, in dem die -antike (griechische etc.)- „Schicksalstragödie“ und die -Idee- des (sog.) „Fatums“ präformiert scheint.

In der dramaturgisch festgelegten „Struktur“ Marivaux´ nehmen Zuschauer und Erzähler dieselben Positionen ein wie der -ewige- Begriff im System Platons, der sich auf die „Ewigkeit“(Kojève, S. 102) des begrifflichen „Systems bezieht.

Jede „Beziehung“ zwischen einem (sog.) „freien agens“(ebd. S. 101) und der außer-zeitlichen Ewigkeit oder der idealen (allgemeinen) Wahrheit, unterliegt im platonischen System wie in der -klassischen- Tragödie wieder einer -determinierten- „Wahl“-entscheidung(ebd.) der „Seele“, der F. Schiller in seiner Dramentheorie durch eine transpositionale Änderung der „Maximen“ im „intelligiblen“ Charakter korrespondierte.

Dem „Geometrismus“ Platons und Maivaux´ kontrastiert J. Derrida andererseits den -Derrida- „Präformismus“(Derrida, S. 40), nämlich in einer, wie Derrida schreibt: „mehr“(ebd.) organizistischen (ebd.) Gestaltungsweise, die Derrida bei den Autoren Proust (ebd.) und Claudel (ebd.) vorzufinden meint.

Unter „Präformismus“(ebd. S. 41) ist aus der Deutungsperspektive Derridas spezifisch zu verstehen:

„die wohlbekannte biologische(!) Lehre, die einer Epigenese entgegengesetzt ist und derzufolge das Ganze der erblichen Charakterzüge im Keim in actu und in verkleinerten Dimensionen angelegt ist, die nichtsdestoweniger die Formen und Propositionen des zukünftigen Erwachsenen schon enthalten.“(J. Derrida. Die Schrift und die Differenz. S. 41)

In dieser prä-formatorischen Genese ist also schon jedwede „epi“-genetische Einwirkung und Beeinflussung durch „äußere“ Faktoren der Umwelt vorweg genommen und -wie im platonischen System- implizite ausgeschlossen.

Anfang und Ende sind in der -“Ästhetik“(ebd. S. 40)- der Alain Proust´schen und Paul Claudel´schen Romanliteratur durch einen -teleologischen- Zyklus (der Symmetrie, der Rekurrenz, der Zirkularität; ebd.) vermittels der „Komposition“(ebd. S. 41) ineinander gefügt.

Am Ende, das sich wieder an den Anfang fügt und daran anschließt, wird der „Erzähler“ mit dem „Helden“ koinzident, Derrida:

“Der Erzähler ist der sich offenbarte Held, er ist derjenige, der der Held während seiner ganzen Geschichte zu sein wünscht, der er aber nie sein kann; er nimmt jetzt den Platz dieses Helden ein und wird imstande sein, das Werk,..., zu erbauen.“(Derrida, ebd. S.40)

Auch in solcher literarischen Selbstsuche und -findung ist noch das empiristische und transzendentalphilosophische Projekt der „Annäherung an das eigentliche Wesen der Dinge“(R. Rorty)4 -und ihrer Qualitäten- spürbar, dem der Pragmatist Richard Rorty („Wahrheit und Fortschritt“) durch eine -transpositionale (umwertende)- Hinwendung zur „Sprache“(Rorty, S. 414) abzuhelfen glaubt.

Dafür ist der -linguistische- Pragmatist Rorty nun gezwungen, mit neo-logischen „Mehrdeutigkeiten“(Rorty, S. 337) zu hantieren, die als Synonyme und Ersatzbegriffe für das „wahre Wesen des Menschen“(Rorty, S. 337) im Gebrauch sind und -das Spektrum- von (Hegelschem) Weltgeist bis „Arbeiterklasse“(ebd.) umfassen.

Dabei prägen und vervielfachen diese Mehrdeutigkeiten wiederum weitere Paraphrasen und -politische etc.- Systembegriffe, die sie in Umlauf bringen.

Jedesmal werden dabei auch neue topologische, thematische (Neben-)Schauplätze und „Diskursfelder“ abgesteckt und eröffnet, in denen aber nicht mehr in erster Linie -Reflexionen- vom „Aufbau einer besseren Zukunft“(ebd. S. 336) angestellt werden.

Damit ist für den eingestandenen Sozialisten Rorty eine selbstinklusive Feststellung verbunden:

“Der Gebrauch, den die Linke von Ausdrücken wie `Kapitalismus´, ´bürgerliche Ideologie´ und `Arbeiterklasse´ macht, beruht auf der unausgesprochenen Voraussetzung, daß wir ein besseres Verfahren kennen als die Marktwirtschaft, daß wir eine durchsetzbare Alternative kennen, die an die Stelle komplexer technisch orientierter Gesellschaften treten könnte. Aber heute zumindest“

, muß sich Rorty verbessern, „haben wir keine Ahnung von einer solchen Alternative. Einerlei, welches Programm die Linke für das einundzwanzigste Jahrhundert entwerfen wird, die Verstaatlichung der Produktionsmittel oder die Abschaffung des Privateigentums werden darin nicht vorkommen. Ebenso unwahrscheinlich ist der Vorschlag einer Enttechnisierung der Welt, und unwahrscheinlich ist dieser Vorschlag einfach deshalb, weil sich niemand vorstellen kann, wie man den Auswirkungen der schlechten alten Vorgehensweisen der technisch-bürokratischen Gesellschaft entgegentreten kann, es sei denn, man plant neue und bessere Verfahren für die technisch-bürokratische Gesellschaft.“(R. Rorty. Wahrheit und Fortschritt. S. 339)

Die einstmals -sozialutopische- „Vorstellung“(ebd.) einer -besseren- Alternative ist nach eigener Auskunft Rortys den Sozialisten und in erster Person: Rorty selbst, ebenso abhanden gekommen wie ein -absolutes- Wissen (Hegels) oder eine -Art- Prophetie, die sich eher auf der anderen Seite einer -diabolischen- Dialektik antreffen läßt.

Womöglich aber „mimt“ Rorty nur den -methodisch „negativen“- Skeptiker, wenn er bekennt:

“Ich stimme Habermas zu, wenn er...schreibt: `Die nicht-kommunistische Linke hat keinen Grund zur Depression´, ... Ich habe allerdings keine klare Vorstellung davon, welche Mechanismen zur Verwirklichung dieser Hoffnung beitragen könnten. Wenn Alan Ryan z.B. sagt, es sei `unmöglich zu glauben, daß wir die Hoffnung aufgeben sollten, durch großangelegte Planung die Verschwendung zu reduzieren und zumindest die irrationalen Seiten der Produktion... zu verringern,´ würde ich ihm sehr gern beipflichten. Sicher bin ich mir allerdings gar nicht.“(ebd. S. 338)

Vielleicht ist in diesem wie folgenden Statement der politische Selbstzweifel insgeheim in die -Cartesianische- Gewißheit der -rein- philosophischen „Enthaltung“(Epoché, Husserl) gewendet:

“Ich glaube nicht“, gesteht Rorty, „daß ich wirklich noch einen Begriff davon habe, welche Alternativen den Wirtschaftsplanern offenstehen oder welche Dinge man gefahrlos dem Staat überlassen kann und welche nicht.“(Rorty, ebd. S. 338)

Nach diesem -rhetorischen- Schnelldurchlauf der -abwechselnden- philosophischen „Gestalten“ outet sich der Pragmatist scheinbar als Epikureer, wenn er dem „Glück“(ebd. S. 339) die -einzig- „erlösende Kraft“(ebd.) zuspricht.

Allerdings ist auch das -I. Kants- „transzendentales“ Selbstbewußtsein genötigt, sich durch den engen Durchgang durch die „Negation(en)“(Kojève, S. 119) zu zwängen, um sich am anderen Ende der Transzendenz mit der -platonischen- (positiven) „Affirmation“(ebd.) und dem Ideenglück zu prämieren.

Unter einem solchen -skeptischen oder kritizistischen- Vorzeichen, verändern und verdrehen sich im -“dialektischen“- Feld der „Geschichte“ auch gelegentlich die -zeitkritischen- Thesen und Analysen, die Jean Baudrillard („Agonie des Realen“) über die „transhistorische Ironie“5 -der Massen- als ultimativ in Ansatz brachte.

Unverkennbar fällt dabei die -historische, geopolitische- Situationslage ins Gewicht, wenn Baudrillard die -mangels „politischen Willens“(Baurdillard, S. 86)- erlittene Niederlage der -französischen- „PC“(ebd.) bei den französischen Parlamentswahlen von 1978 darauf zurückführte, daß sich die -sozialistische- Partei selbst „als solche negier(te)“(ebd.).

Das ganze schmachvolle Ausmaß einer nach Ansicht Baudrillards selbst-gewollten und inszenierten Niederlage wurde damals durch die, Baudrillard:“Position einer starken Opposition“(ebd. S.85) entschädigt, worin aber aus Baudrillards Sicht das eigentliche „Vorhaben“(ebd.) und absichtliche Ziel einer, so Baudrillard:“sicheren Manipulation“(ebd.) des politischen Gegners und der Massen bestand:

“Man mobilisiert seine Gegner gegen ihren Willen für das eigene Vorhaben.“(J. Baudrillard. Agonie des Realen. S. 85)

Der -dialektische- Dreh bescherte also der „PC“ so gesehen einen Sieg in der Niederlage, auch deswegen, weil die „Massen“, wie Jean Baudrillard präsupponiert, einen „unbändigen Drang nach links“(ebd. S. 89) verspürt hätten, in ihrer politischen Inszenierung oder „Spektakel“(ebd. S. 89) quasi aus sich heraus getreten seien und die Position des -eigenen- Zuschauers eingenommen hätten.

“(V)ielleicht“, spekuliert Baudrillard, „daß sie wie beim Poker sehen wollen `um zu sehen´“(ebd. S. 88).

Nichts aber oder zumindest keine -transzendentale- „List der Vernunft“(Hegel) steht so der -Umkehr- der Umkehr entgegen, die sich zugunsten der „Rechten“ auswirkt und bei den Massen -anderswo- einen unwiderstehlichen „Kitzel“ auslöst, rechts statt links zu wählen.

Alle Seiten schrauben an ein- und demselben, eigendynamischen „Machtmechanismus“(M. Foucault)6, der lediglich ein- und derselben „Richtung“(ebd.) entgegen arbeitet, wie der ganze „ökonomische Prozeß“.(M. Foucault. Analytik der Macht. S. 228) E.B.